Hoftratsch

Algenzucht

Geschrieben von Nikolaus Böckenförde | 09.02.2023

Proteine gehören neben Kohlenhydraten und Fetten zu den drei Hauptnährstoffen, die unser Körper braucht und spielen daher einen wichtigen Faktor für die körperliche Gesundheit. Weltweit steigt die Proteinnachfrage immer weiter und somit auch der Bedarf nach nachhaltigen Alternativen zu tierischen Quellen. In den Medien gibt es immer mehr Artikel dazu, wie unsere Proteinnachfrage in Zukunft gedeckt werden kann. Da werden häufig Pilze, Insekten und eben auch Algen ins Spiel gebracht. Schon heute findet man einige Produkte auf Algenbasis in der menschlichen Ernährung, für kosmetische Produkte, als natürlicher Farbstoff oder auch als Tierfutter. Wenn Sie eine bewusste Ernährung verfolgen, sind Ihnen Nori, Wakame und Spirulina womöglich keine Fremdwörter mehr. Algen als ressourcenschonende und klimafreundliche pflanzliche Eiweißquelle ist eines der großen Themen im Internet. Ob das alles wirklich so ist und die Verbraucher Mikroalgen-Produkte kaufen würden, haben Wissenschaftler der Universität Hohenheim untersucht.

Algen spielen bereits jetzt vor allem im asiatischen Raum eine große Rolle. Hier in Deutschland werden sie inzwischen in der Küche auch immer häufiger eingesetzt, dabei unterteilt man die Algen in zwei Gruppen, einmal die großblättrigen Makro- bzw. Speisealgen und zum anderen die Mikroalgen. Nori und Wakame gehören zu den bekannteren Speisealgen, auch wenn Ihnen die Namen nichts sagen, haben sie die bestimmt schonmal gesehen, wenn nicht sogar gegessen. Die Nori-Alge wird typischerweise als Mantel für Sushi-Rollen verwendet und Wakame ist Teil der japanischem Misosuppe oder auch als Algensalat zu essen. Neben den guten Inhaltstoffen wie Proteinen, Vitamin- und Mineralstoffen von Meeresalgen, sind leider auch erhöhte Konzentrationen von Spurenelementen und Jod zu finden. Mikroalgen werden vor allem in Form von Tabletten, Pulver oder Flocken als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Zu den bekanntesten Arten gehören die Spirulina und Chlorella. Die zwei sind eine gute Eiweiß-, Eisen- und Vitamin-A-Quelle und enthalten Öl aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie besitzt auch keine Zellulosewände, was uns die Inhaltsstoffe besser aufnehmen lässt. Chlorella besitzt wie alle anderen grünen Gemüsesorten aufgrund ihrer tiefgrünen Farbe einen hohen Chlorophyll-Gehalt. Außerdem wird ihr, eine bisher nicht belegte, entgiftende Wirkung nachgesagt.

Wie gesund sind Algen?

Algen sind reich an hochwertigen pflanzlichen Proteinen, enthalten viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Die Spirulina und Chlorella enthalten mehr als 60% pflanzliches Eiweiß und verfügen über alle essenziellen Aminosäuren, weiter sind sie reich an Eisen und zahlreichen Vitaminen wie z.B. Vitamin B12. Außerdem liefern sie die hochwertigen Omega-3-Fettsäuren, die unser Körper braucht, da er sie nicht selbst produzieren kann. Durch ihre Inhaltsstoffe sind Algen besonders in der veganen Ernährung beliebt, da z.B. auch die Nori eine erhebliche Menge an Vitamin B12 enthält, welches sonst fast nur in tierischen Produkten zu finden ist. Jedoch ist diese Form des Vitamin B12 nicht oder nur schlecht verwertbar für den Menschen.
Algenprodukte weisen häufig einen hohen Jodgehalt auf, Jod als Spurenelement ist unter anderem für die Teilung und das Wachstum unserer Zellen wichtig. Eine zu hohe Einnahme von Jod kann aber zu Schilddrüsenproblemen führen. Süßwasseralgen wie Spirulina und Chlorella weisen einen sehr niedrigen Jodgehalt auf und sind daher auch eher unproblematisch in dieser Hinsicht. Wakame dagegen gehört zu den Braunalgen und diese weisen einen höheren Gehalt an Jod auf, jedoch kann man diesen schnell verringern, indem man die Algen in Wasser einweicht und abspült. Achten Sie also beim Kauf und Verzehr von Meeresalgenprodukten auf die eindeutigen Angaben zum Jodgehalt und halten sich an die maximalen Verzehrmengen. Bei einer zu großen Aufnahme von Jod kann es folglich zu Schäden für die Gesundheit kommen.
Gegen eine gelegentlichen Algenverzehr ist also nicht einzuwenden, jedoch sollte man auf den Konsum zu großer Mengen eher verzichten. Algen nehmen nämlich auch häufig Schadstoffe wie verschiedene Schwermetalle aus der Luft auf, die bei Überschreitung der Maximalwerte ein Risiko für unsere Gesundheit darstellen können.


Wie werden die Algen angebaut?

Makroalgen wie die Nori stammen in der Regel aus Südostasien. Dort werden zuerst in Tanks vorgezogen und nach fünf Monaten werden die Sporen auf Ansaatnetze platziert. Diese Netze werden dann im Meer ausgelegt. Im Wasser wachsen sie dann innerhalb von fünfzig Tagen auf 15-20 cm an.
Mikroalgen werden zumeist in Aquakulturen kultiviert, diese sind inzwischen auch schon in Deutschland angekommen. In Deutschland ist ein angewandtes System für die Algenvermehrung sie in großen flachen Becken mit einem Fassungsvermögen von knapp 30.000 Litern anzubauen. Das Gewächshaus schützt das Becken vor Verunreinigungen. Die DAG (Deutsche Algen Genossenschaft eG) zählt mit 11 Erzeugern zum größten Algenproduzenten in Europa. Sie hat auch ein Verfahren entwickelt die Spirulina-Alge auch in Bioqualität zu erzeugen. In diesen offenen Becken beginnt der Anbau im März/April, da wird dem nährstoffreichen Wasser die Starterkultur beigefügt. Bis Oktober/November wird dann täglich das Wasser beerntet. Die Algenpasste wird anschließend getrocknet und dieser Rohstoff kann dann an verschiedene Verarbeiter vermarktet werden.

Sind Algen wirklich klimafreundlicher?

Die Universität Hohenheim hat ein Projekt durchgeführt, um zu analysieren, wie gut die Chancen von Mikroalgen zur Proteingewinnung für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie stehen. Mikroalgen sind sehr effizient, wie sie aus Sonnenlicht, CO2 und Nährstoffen hochwertige Inhaltsstoffe produzieren. Außerdem stehen Sie nicht zur Konkurrenz um Ackerflächen da sie in geschlossenen Systemen kultiviert werden, da kommt es auch weder zum Pflanzenschutzmitteleinsatz noch zum Austrag von Nährstoffen in die Umwelt. Vergleicht man jetzt die Mikroalgenkultivierung in diesen Systemen mit importiertem Soja, sind die Algen im Flächenverbrauch deutlich besser. Sie bringen aber dennoch auch noch nicht den erwünschten Beitrag zum Klimaschutz, aufgrund des hohen Stromverbrauchs der Anlagen. Eine wirtschaftlich wettbewerbsfähige Algenproduktion ist unter diesen Umständen nicht möglich. Dafür müssten die Produktionskosten um ein Vielfaches reduziert werden. Mit dem Bezug der Energie aus erneuerbaren Quellen hat man heute hierfür schon eine nachhaltigere Lösung geschaffen.

Wo können Algen zum Einsatz kommen?

Algen kommen schon immer in unserer Atmosphäre vor, man geht heute davon aus, dass jedes zweite Sauerstoffmolekül in der Atmosphäre von Algen gebildet wird. Abgesehen davon kommen heute, wie schon erwähnt Algenprodukte inzwischen schon in der Ernährung als Nahrungsergänzungsmittel, im Tierfutter, in Arznei- und Kosmetikprodukten oder als Biokraftstoff vor. Es gibt inzwischen diverse Start-Ups die sich mit Lebensmittel auf Algenbasis auseinandersetzen, beispielsweise wird an einer Pasta auf Algenbasis geforscht, sowie an der Integration des Rohstoffs an Fleisch- und Fischersatzprodukten. Als Nahrungsergänzungsmittel gibt es schon einige Produkte, hier werden die getrockneten Mikroalgen als Pulver, Pillen oder flüssig angeboten. In der veganen Ernährung sind Algen sehr beliebt, weil sie eine gute alternative Quelle für Eiweiß und Vitamin B12 sind. In der Kosmetikindustrie sind die Algen auch schon angekommen, ihre natürlichen Wirkstoffe spenden intensive Feuchtigkeit und sind optimal hautverträglich. Viele Produkte vom Shampoo über Seifen, bis Cremes enthalten Algenprodukte.

Verbraucherverhalten gegenüber Algenprodukten

Unter den vielen Themen spielt auch die Haltung des Verbrauchers gegenüber Algenprodukten eine entscheidende Rolle. In der Studie von der Universität Hohenheim wurden Verbraucher zu deren Zukunftsvorstellungen zu Produkten auf Algenbasis befragt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Sie sich Mikroalgen als Beitrag zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Ernährung der Weltbevölkerung wünschen, jedoch in preiswerten Produkten, in Kosmetikprodukten oder die unauffällige Verwendung in Nahrungsmitteln bevorzugen. Der teils fischige Eigengeschmack kann abschrecken, da kann das Produkt noch so gut für die Gesundheit sein. Die Suche nach nachhaltigen Proteinquellen ist und bleibt eines der wichtigen Themen der Zukunft. Die Produktionsmöglichkeiten für Mikroalgen sind technologisch noch nicht ausgereift und das Potenzial bleibt schwierig abzuschätzen, es bleibt daher spannend zu sehen, welche Rolle die Alge in unserer Gesellschaft einnehmen wird.

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