Am Sonntag, den 26. September, findet die 20. Bundestagswahl statt.
Die 16-jährige Ära-Merkel geht zu Ende und damit die zweitlängste Kanzleramtszeit. In diesem Jahr stehen so viele Parteien wie noch nie auf dem Wahlzettel. Aber wie sehen ihre Wahlprogramme aus? Insbesondere die Themen Landwirtschaft und Digitalisierung sind für uns von großem Interesse. Wir wollen wissen, wie die einzelnen Parteien zur zukünftigen Entwicklung von Landwirtschaft und Digitalisierung stehen. Lesen sie im folgenden Bericht, wie die Wahlprogramme der einzelnen Parteien in Bezug auf Landwirtschaft und Digitalisierung aufgestellt sind.
Die Union
Die CDU hat sich in diesem Wahlprogramm als Ziel gesetzt, den ökologischen Wandel näher zu begleiten. Neue Techniken, molekularbiologische Züchtungstechnologien und allgemein die Digitalisierung sollen dazu beitragen, die Landwirtschaft noch wettbewerbsfähiger und umweltfreundlicher zu gestalten. "Unser Ziel ist, den Landbau ökologisch verträglich und ökonomisch tragfähig weiterzuentwickeln – in Kooperation mit der Landwirtschaft und nicht gegen sie." (Seite 52)*
Es sollen sowohl Pflanzenschutzmittel als auch der Wasserverbrauch mit Hilfe der Digitalisierung verringert werden. "Die Klimaleistungen und die Beiträge der Landwirtschaft zum Natur- und Artenschutz müssen bei zukünftigen politischen Entscheidungen berücksichtigt und auch honoriert werden. Dabei müssen alle Formen des nachhaltigen Landbaus profitieren – ökologisch wie konventionell." (Seite 52)*
Die Union setzt sich als Ziel, alle Betriebsgrößen zu fördern, egal ob Großbetrieb oder Nebenerwerbslandwirtschaft und diesen die im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Landwirtschaft entstehenden Technologien zugänglich zu machen.
Des Weiteren soll der Nachwuchs weiter gefördert werden. Vor diesem Hintergrund sollen die Junglandwirte-Prämie erhöht werden und Zuschüsse zu Versicherungen, insbesondere in der Risikoabsicherungen bei Naturkatastrophen, erteilt werden. Die Förderung der Ökolandwirte soll weiterhin erfolgen, sodass Ertragsunterschiede zum konventionellen Ackerbau ausgeglichen werden.
Außerdem soll das „Tierwohlstall - Förderungsgesetz“ umgesetzt werden. Dieses Gesetz befasst sich mit der Entwicklung emissionsarmer Ställe und will Landwirte dabei unterstützen (u.a. durch Finanzierung über staatliche Verträge) den Umbau gemäß den Empfehlungen der Borchert-Kommission umzusetzen. Dabei sollen z.B. lange Viehtransporte aus der EU abgeschafft werden, wenn der Tierschutz in Drittstaaten nicht gegeben ist. Außerdem sollen strengere Schutzvorkehrungen vor dem Wolf gegenüber Weidetieren eingerichtet werden.
Die Union möchte darüber hinaus günstigere Rahmenbedingungen für Agrar-Start-Ups schaffen. Der Ausbau der deutschlandweiten Internetversorgung soll fortgeführt werden. Weiterhin sollen weniger bürokratische, digitale Verfahren zur Förderung von Unternehmensgründungen vorangetrieben werden.
Die SPD
Die Bekämpfung des Klimawandels und der Erhalt der Artenvielfalt spielen eine zentrale Rolle im Wahlprogramm der SPD. "Wir werden daher die Agrarförderung so ausrichten, dass eine umweltschonende Landwirtschaft im Wettbewerb mithalten kann. Lebensmittel sind unsere Lebensgrundlage. Sie sollten auch den Landwirt*innen ihre Lebensgrundlage sichern." (Seite 52)*
Rechtliche Rahmenbedingungen werden durch das Klimaschutzgesetz zur Erreichung der Klimaziele geschaffen. Es soll außerdem der Einsatz von Dünger und Pestiziden weiter reduziert werden, die Digitalisierung kann hier als Hilfsmittel gelten. Darüber hinaus dürfen Agrarflächen keine Investitionsobjekte werden, sodass Großanleger, die keinen Agrarbezug vorweisen, die Flächen aufkaufen. In dem Bereich der Nutztierhaltung wird von einem verpflichtenden staatlichen Tierwohllabel gesprochen. Die maximale Transportdauer soll auf acht Stunden reduziert werden.
Abschließend wird auch bei der SPD der Klimaschutz und der Erhalt der Naturschutzflächen häufiger betont. Es sollen sowohl die Biodiversität als auch die Ökosysteme geschützt werden und Wälder an den Klimawandel angepasst werden.
In der Digitalisierung setzt die SPD auf die soziale und weiterbildende Ebene. Sie verlangen einen leichteren Internetzugriff aller Haushalte und ländlichen Unternehmen, um wettbewerbsfähiger zu sein. Im Online-Handel möchte die SPD einen fairen, regionalen Handel, wo keine Monopolstellung herrscht. Sie sehen die digitale Vielfalt durch Monopolisten im Internet bedroht.
Die FDP
Der Leitfaden der FDP bezieht sich darauf die Ökologie und Ökonomie zu verbinden. Sie setzen vor allem auf den digitalen Fortschritt in der Landwirtschaft und wollen die Wettbewerbsfähigkeit mit „Smart Farming“ erhöhen. "Smart Farming sehen wir als ein Werkzeug, das Landwirtinnen und Landwirten dabei hilft, ihre Betriebe zu optimieren, um Tierwohl, Umwelt- und Arbeitsabläufe zu modernisieren. Wir wollen eine moderne Agrarpolitik, die nicht gängelt, sondern Lösungen forciert und Einkommen steigert." (Seite 83)* Dies soll insbesondere auch das Tierwohl und die Umwelt- und Arbeitsabläufe verbessern.
Ein großer Unterschied zu den Programmen der anderen Parteien besteht darin, dass die FDP Themen wie grüner Gentechnik offen gegenüber steht. Grüne Gentechnik könnte die Effizienz und Biodiversität erhöhen und die Bodenqualität schützen. "Grüne Gentechnik eröffnet neue Möglichkeiten, um Böden zu schonen, Biodiversität zu fördern und die Effizienz des Betriebsmitteleinsatzes zu erhöhen." (Seite 84)*
Zudem verlangt die FDP ein grundlegendes Umdenken im Wasserbau, um künftig ausreichende und qualitativ hochwertige Wasservorräte für das Pflanzenwachstum zur Verfügung zu stellen.
Des weiteren sollen die Betriebe steuerbefreite Rücklagen zur Risikoausgleichung in guten Jahren anlegen können, um für wetterbedingte Extremsituationen vorzusorgen. Die Liberalen wollen die EU-Agrarsubventionen Schritt für Schritt abbauen und anstelle von flächenbezogenen Direktzahlungen sich entwickeln zu mehr zukunftssichernder Investitionsförderung.
Der Schwerpunkt der FDP liegt vor allem auch in dem digitalen Fortschritt. Es soll ein eigenes Ministerium für Digitale Transformation geschaffen werden, um alle notwendigen Amtsgänge zu digitalisieren und Daten online zu erfassen.
Eine Steuererleichterung für junge Unternehmensgründungen, bzw. grundlegende Finanzierungsmöglichkeiten und Bürokratieminimierung sollen Entrepreneure dazu veranlassen Unternehmen aufzubauen. Darüber hinaus sollen eine flächendeckende und hochleistungsfähige Mobilfunkabdeckung den ländlichen Unternehmen helfen wettbewerbsfähiger zu werden und digitale Technologien nutzen zu können.
Die Grünen
Das Hauptziel der Grünen liegt in der Ausweitung des ökologischen Landbaus. Die Partei strebt in Ihrem Wahlprogramm eine 30-prozentige Quote mit Blick auf den deutschlandweiten ökologischen Ackerbau an. Diese Quote soll bis 2030 erreicht werden. "Dafür unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische Agrarwende." (Seite 22)*
Konkreter werden die Grünen bezüglich des Klima-, Tier- und Umweltschutzes. Sie verlangen eine allgemeine Senkung des Tierbestandes in der Landwirtschaft und die Einführung einer verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung. Dabei soll als Finanzierungsmittel ein sogenannter „Tierschutz – Cent“ als Entschädigung eingeführt werden.
Der Pestizid- und Düngemitteleinsatz soll weiter gesenkt werden und gegenüber dem Landwirt ein generelles Ausbringverbot in Natur- und Trinkwasserschutzgebieten ausgesprochen werden. "Unser Leitbild ist eine sich weiter entwickelnde ökologische Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-synthetischen Pestiziden." (Seite 22)*
Ein nachhaltiger Umgang mit Waldflächen wird außerdem betont, sodass rund fünf Prozent des Waldes künftig der Natur überlassen werden sollen, damit eine „echte Wildnis“ entstehen kann.
Bündnis 90 Die Grünen streben die Abschaffung der Direktsubventionen für den Landwirt an und wollen hin zur Gemeinwohlprämie. Die Hälfte der EU – Subventionen sollen für ökologische Zweckbindungen eingesetzt werden. Die Grünen wollen ein verschärftes Vorgehen gegen Dumpingpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse, sowie gegen das Marktmonopol des Lebensmitteleinzelhandels.
In der Digitalisierung setzen sich die Grünen als Ziel, die fortschreitende Technisierung zur Reduzierung von Energie- und Ressourcenverbrauch zu unterstützen. Die Behördengänge sollen digitalisiert werden und zu einem schnellen Online – Verfahren geändert werden.
Zusammenfassung und Ausblick für die Praxis
Derzeit ist in der Landwirtschaft von einem großen Umbruch die Rede und viele sehen die Chance eine nachhaltige und effiziente Landwirtschaft zu gestalten. Davon ist auch in fast allen Wahlprogrammen die Rede, aber konkrete Zielsetzungen und Methoden werden in fast keinem der Wahlprogramme genannt. Auf der anderen Seite gibt die Wissenschaft schon länger die Konkreten Ziele vor. Diese bestehen vor allem aus einem gezielten Umbau der Tierhaltung, einer strengeren Düngepolitik, einem Rückgang der Produktion von tierischen Erzeugnissen bis hin zu einer gerichteten Förderpolitik der EU. Doch die Parteien tun sich schwer mit der Konkretisierung und letztlich der Umsetzung. Häufig hört man nur vage Aussagen und wesentliche Herausforderungen und Themen, die der Landwirtschaft und damit jedem einzelnen Landwirt bevorstehen, werden kaum angesprochen.
Des weiteren geben die Parteien auch keinerlei Auskünfte über die Finanzierungen der Maßnahmen in der Landwirtschaft. Auf der einen Seite wird eine artgerechte Tierhaltung gefordert, aber auf der anderen Seite werden keine finanziellen Mittel zum Umbau dieser Vorkehrungen vorgestellt. Der Tierwohlcent bei den Grünen wird wohl nicht ausreichen.
Sprechen wir nun über die Forderungen der Landwirte an die Gemeinsame Agrarpolitik. Diese verlangen vor allem eine gerechte GAP, die an die verschiedenen Regionen und deren agrarstrukturellen Besonderheiten angepasst ist. Die erste Säule soll daher weiter die Leistungen aller Betriebe, ob im Nebenerwerb oder Haupterwerb, unterstützen und zur Stabilisierung aller Betriebe dienen. Die Direktzahlungen sollen schließlich die Funktion haben, die Betriebe gegenüber Wetter- und Marktrisiken abzusichern.
Im Sinne des Biodiversitätsschutzes wird ein Artenschutz auch ohne Flächenstilllegungen angestrebt. Insekten sind bedeutend für die land- und forstwirtschaftliche Produktion und es sollte somit im Eigeninteresse aller Landwirte liegen diese in der Praxis zu schützen. Bei der Methode des Artenschutzes wird eine kooperatives Anreizmodell anstatt pauschaler Ge- und Verbote bevorzugt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bundestagswahl und die damit verbundenen Themen sowohl Chancen als auch Risiken für die Landwirtschaft und damit für den Landwirt beinhaltet. Es bleibt abzuwarten und sein Kreuzchen zu setzten!
Bei Fragen zum Blogartikel wenden Sie sich gerne jederzeit an uns!