Mit der Plattschaufel gegen den Plattkäfer!
Sommerzeit ist auch Erntezeit. Sonnentag für Sonnentag rücken wir der Ernte 2021 näher. Viele Landwirte nutzen diese Zeit, um noch einmal Kraft zu tanken und Zeit mit Ihren Familien zu verbringen. Gleichzeitig ist es nun wichtig den Betrieb auf die neue Ernte vorzubereiten. Dazu zählt u.a. die Maschinen in Einsatzbereitschaft zu bringen. Die meisten Getreidelager sind inzwischen geleert und der Landwirt hat die alterntige Ware verkauft. Nun ist es von besonderer Bedeutung die Getreidelagerung gründlich zu reinigen, um die Kosten für eine Schädlingsbekämpfung gering zu halten und die Produktqualität zu sichern. Denn die Hygiene des Getreidelagers trägt maßgeblich zur Qualitätssicherung des gelagerten Getreides bei.
Risikofaktor Altgetreide im Silo
Auf manchen Betrieben ist noch Altgetreide vorhanden. Wenn dies der Fall ist, muss akribisch darauf geachtet werden, dass das Altgetreide nicht mit der neuen Ernte vermischt wird. Liegt noch Getreide aus dem letzten Jahr im Silo oder Flachlager ist es in der Regel gut abgekühlt. Frisch gedroschenes Getreide hingegen hat nicht selten Temperaturen von 30-40 Grad Celsius. Werden altes und neues Getreide zusammengemischt besteht die Gefahr, dass sich das gesamte Lager durch die großen Temperaturunterschiede stark erhitzt und „hochgeht“, also unbrauchbar wird. Außerdem kann sich eine sogenannte Schwitzschicht bilden. Durch die Kombination aus Feuchtigkeit und Wärme steigt das Risiko der Schimmelbildung.
Insbesondere altes Getreide und Staub sind ein guter Nährboden für verschiedenste Arten von Schädlingen in der Getreidelagerung. Zu den typischen Lagerschädlingen zählen unter anderem der Kornkäfer, der Getreideplattkäfer, die Getreidemotte, der Reismehlkäfer oder auch Milben. Neben Käfern, Milben und Motten können auch Schadnager wie Mäuse und Ratten vorkommen. Bevor die Lagerung wieder mit neuer Ware befüllt wird, sollte es eine gewisse Zeit leer stehen. Dafür empfiehlt es sich, wenn möglich, Restmengen der alten Ernte beispielsweise auf einem Anhänger zwischenzulagern. Auf diese Weise kann der Leerstand in der Lagerung verlängert werden.
Wichtige Vorratsschädlinge in der Landwirtschaft
Kornkäfer: Der Kornkäfer hat eine Größe von ca. 3,8 bis 5,1 mm, er ist dunkelbraun und hat einen verlängerten Kopf mit Rüssel. Der Kornkäfer kann nicht fliegen, da seine Flügeldecken miteinander verwachsen sind. Die Bekämpfung des Kornkäfers ist besonders herausfordernd, da er seine Entwicklung vom Ei bis zur Puppe im Getreidekorn vollzieht. Das Korn wird dabei fast komplett aufgefressen. Bei einer Temperatur von ca. 27 Grad Celsius entwickelt sich der Kornkäfer innerhalb von 29 bis 34 Tagen vom Ei zur Puppe. Ein Weibchen ist in der Lage ca. 250.000 Nachkommen zu erzeugen. Dabei werden ungefähr 6 kg Getreide vernichtet. Neben den Fraßschäden durch den sich entwickelnden Kornkäfer können auch noch Sekundärschäden im Getreidespeicher auftreten, wie zum Beispiel Pilzbefall oder Milben. Der Kornkäfer befällt hauptsächlich Getreide aber auch Erbsen, Bohnen oder Mais.
Reismehlkäfer: Der Reismehlkäfer ist ursprünglich in Indien und Südostasien beheimatet. Mittlerweile ist diese Käferart aber weltweit als Vorratsschädling verbreitet und findet sich insbesondere in Mehl- und Getreidevorräten, in Silos und Flachlagern. Da Reismehlkäfer besonders kälteempfindlich sind, siedeln sie sich vornehmlich in Getreidesilos, Bäckereien oder Mühlen an. Der Reismehlkäfer gehört zu der Familie der Schwarzkäfer und wird ca. 3 bis 4 mm groß. Er ist im Gegensatz zum Kornkäfer flugfähig und damit in der Lage sich aktiv durch Flug weiter zu verbreiten. Ein Weibchen legt bis zu 1.000 Eier. Die Entwicklung vom Ei bis zum Käfer dauert insgesamt ca. 27 bis 35 Tage. Reismehlkäfer verursachen nicht nur Fraßschaden sondern verunreinigen zum Beispiel das Getreide durch Kot, Spinnfäden oder Puppenhüllen. Als Folge dessen können sich wie beim Kornkäfer Pilze oder Milben ansiedeln. Bei Befall mit Reismehlkäfern verliert Mehl seine Backfähigkeit, verändert seinen Geruch und kann sich zusätzlich verfärben.
Getreideplattkäfer: Der Getreideplattkäfer ist ca. 2,5 bis 3 mm lang. Er hat ein glänzend schwarzes bis braunes Aussehen. Seinem sehr flachen Körperbau verdankt er auch seinen Namen. Der Getreideplattkäfer frisst an bereits beschädigten Körner und hat es insbesondere auf den Keimling abgesehen. Man kann diesem Schädling kein typisches Schadbild zuordnen. Normalerweise halten sich die Getreideplattkäfer nur knapp unterhalb der Oberfläche von beispielsweise Getreidevorräten auf. Die Schäden durch einen Befall mit dem Getreideplattkäfer äußern sich nicht direkt an massiven Verlusten durch Fraß oder ähnliches. Das größere Problem besteht darin, dass die befallenen Stellen im Lager warm und feucht werden und so beispielsweise die Entstehung von Pilzen begünstigt wird.
Getreidemotte: Die Getreidemotte ist mit 5 bis 8 mm Länge eine der kleineren Motten. Sie legt rötlich weiße, oval geformte Eier, die außen am Getreidekorn kleben bleiben. Die Entwicklung von der Larve bis hin zur Puppe findet hingegen innerhalb des Korns statt. Von Mai bis Juni schlüpfen die Falter aus den Körnern, was in der Regel an kleinen Austrittslöchern am Korn zu erkennen ist. Sie sammeln sich dann zum Beispiel an den Lagerwänden. Mit Getreidemotten befallenes Getreide riecht unangenehm und wird warm. Da die Motten sich innerhalb des Korn entwickeln, sind Fraßschäden eines der größten Probleme. Verluste von bis zu 50% der Lagermenge bei befallenem Getreide können vorkommen. Neben den Fraßschäden entstehen Pilzbefall oder Milben durch Verunreinigung, Wärme und Feuchtigkeit.
Es geht Kornkäfer & Co. an den Rüssel
Um also den bereits erwähnten Lagerschädlingen von vornherein keine Chance zu geben, ist eine ausgiebige mechanische und anschließend evtl. auch chemische Reinigung unerlässlich. Hierbei sind folgende Arbeitsschritte vom Landwirt zu beachten und sowohl bei Flachlagern als auch bei Siloanlagen durchzuführen:
Das Lager muss zunächst gründlich mit einem Besen ausgefegt werden. Anschließend sollte das Lager mit Druckluft ausgepustet werden. Auf diese Weise können auch Spalten, Ecken oder Ritzen im Gemäuer oder Boden von Staub und Ernterückständen befreit werden. Insbesondere schwieriger zu erreichende Stellen, wie zum Beispiel der Elevatorenkeller oder die Unterflurbelüftung, müssen ebenfalls ausgefegt und ausgepustet werden. Hier kann auch ein Industriestaubsauger zur Hilfe genommen werden. Mit einem solchen Sauger kann der Staub und auch das letzte Korn beseitigt werden. Bei der gründlichen Reinigung dürfen auch Trennwände (beispielsweise in Flachlagern), Lüftungskanäle und Rohre nicht vergessen werden.
Nach der mechanischen Reinigung schließt sich die chemische Reinigung an. Raue Oberflächen (z.B. Beton) können mit einem zur Schädlingsbekämpfung (z.B. Kornkäfer) geeigneten Insektizid nach Herstellervorgaben behandelt werden. Dafür wird in der Regel eine Rückenspritze verwendet. Um den Anwenderschutz zu gewährleisten, sind dabei für den Anwender die Herstellervorgaben einzuhalten. Wurden die rauen Oberflächen auf diese Weise behandelt, kann das Lager zusätzlich noch ausgenebelt werden. Nach dem ordnungsgemäßen Ausnebeln wird je nach Anweisung des Herstellers das Lager ca. 48 Stunden nicht betreten. Ausnebeln dient insbesondere zum Schutz vor Motten. Abschließend werden Köderboxen gegen Schadnager wie zum Beispiel Mäuse und Ratten aufgestellt und ein Köderboxenplan erstellt. In einem Köderboxenplan werden u.a. die Stellen markiert, an denen die Boxen aufgestellt wurden oder auch welches Mittel dort verwendet wird.
Schon gewusst? Solche Köderboxen dürfen ausschließlich durch sachkundiges Personal installiert werden. Sachkundig sind Personen, die einen sogenannten Schadnagerlehrgang absolviert haben. Dabei handelt es sich um einen Lehrgang zur Erlangung der Sachkunde im Bereich der „Nagerbekämpfung“ gemäß §4 des Tierschutzgesetztes. Nach erfolgreicher Absolvierung erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat und sind damit befugt für die berufsmäßige Anwendung. Sollte in Ihrem Betrieb niemand einen solchen Nachweis führen, muss der Kammerjäger bestellt werden, um die Köderboxen aufzustellen und ordnungsgemäß zu betreuen.
Stellt sich die Frage, ob es Alternativen zur chemischen Behandlung gibt?
Neben der chemischen Reinigung des Lagers ist es auch möglich biologische Bekämpfungsmittel einzusetzen. So kann zum Beispiel vor der Einlagerung von neuem Getreide eine Behandlung mit kieselgurhaltigem Silico Sec oder Silicid durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um ein Pulver, welches zum Beispiel mit einem Kompressor verteilt wird. Schädlinge wie Kornkäfer, Larven oder Motten werden mit dem Pulver eingestäubt bzw. verteilen das Pulver durch ihre eigene Bewegung. Aufgrund der stark absorbierenden Wirkung von Silikatpartikeln trocken die Schädlinge aus. Weiterhin werden auch Nützlinge zur Lagerreinigung eingesetzt. Schlupfwespen oder die Räuberische Milbe parasitieren die Schädlinge und können sie auf diese Weise außer Gefecht setzten.
Vorsorgemaßnahmen
Neben der gründlichen Reinigung des Lagers vor der neuen Befüllung spielen noch weitere Vorsorgemaßnahme eine Rolle. Da sich Schädlinge insbesondere bei warmen Temperaturen und feuchtem Klima wohlfühlen, ist das Kühlen und Lüften des Lagers eine gute Maßnahme, um den Befall einzudämmen. Dabei ist darauf zu achten, dass Schüttkegel eingeebnet werden und Kühlkanale gleichmäßig verteilt werden. Es gilt die Regel: Je feuchter das Getreide eingelagert wird, desto öfter sollte die Temperatur überprüft werden. Nach der Einlagerung ist zu empfehlen, das Getreide möglichst schnell herunterzukühlen.
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