Qualitätsparameter im Agrarhandel

Wie bei jeder Form von Handelsgeschäft, besitzen die Produkte, welche zwischen Landwirten, Landhändlern und Großhändlern gehandelt werden, standardisierte Qualitätsparameter. Dies dient als Vertrauensbasis, worauf eine einheitliche Preisbildung gewährleistet wird und reibungslose Prozesse ablaufen können. Schlicht gesagt, geht es darum, dass beide Parteien eines Handelsgeschäfts mit wenigen, aber den wichtigsten Kennzahlen die Handelsgüter beschreiben und sich somit sicher sein können, zu kriegen, was sie gekauft/verkauft haben. Somit wird der Markt rationalisiert, die Ware börsenfähig gemacht und die Notwendigkeit eines Musters oder der persönlichen Kontrolle beseitigt.

Qualitäten Getreide

Die meisten dieser Kennzahlen kann man sich logisch, anhand der Zielverwendung des Endverbrauchers, herleiten. Dieser Beitrag berichtet kurz über die wichtigsten Kennzahlen, sowohl fruchtübergreifend, als auch im Detail am Beispiel des am meisten gehandelten Gutes auf cropspot: Weizen.
Zunächst gibt es Qualitätsparameter, welche frucht- und sortenübergreifend relevant sind. Diese beschreiben meist die äußerliche Beschaffenheit der Lieferung. Grundsätzlich gibt es hier keine festen oder verpflichtenden Zahlen und von Händler zu Händler können die genauen Werte wechseln. Die relevanten Aspekte umfassen jedoch stets die folgenden Bereiche:

Hektolitergewicht

Das Eigengewicht der Ware ist wichtig, um die physische Gegebenheit der Körner zu beschreiben. Angegeben wird dies üblicherweise in kg/hl (Kilogramm/Hektoliter). Dieses sogenannte Hektolitergewicht beschreibt, wie viel 100 Liter des Gemisches, aus der Ware und der Luft zwischen den Partikeln, wiegt. Diese Schüttdichte ermöglicht eine Kalkulation zum benötigten Lagerplatz, für eine gewisse Tonnage der Ware. Außerdem können Annahmen über den Besatz, Spelzanteil und Kornstruktur getroffen werden. Realistische Werte liegen zum Beispiel bei 70 kg (Weizen) oder 60 kg (Gerste).

Feuchtigkeit

Das Hektolitergewicht oder generell die Menge einer gewissen Lieferung von Ware sollte nie allein interpretiert werden. Ein nicht unerheblicher Teil jeder Ware ist nämlich Wasser. Ein Unterschied von einem Prozent Feuchtigkeit auf einem Lieferschein von 100 Tonnen Ware kann schließlich zu einem überproportionalen Preisunterscheid der Trockenmasse führen. Man bezahlt also gegebenenfalls überflüssiges Wasser, bzw. veräußert bei zu trockener Ware überflüssige Trockenmasse. Ein weiterer Grund für den hohen Stellenwert der Feuchtigkeit ist die damit einhergehende Lagerfähigkeit der Ware. Hieran richten sich die akzeptierten Grenzwerte. Weizen und Gerste ringen hier mit der 14,5% Grenze, ab welcher die biologische Aktivität eines Lagers gehemmt bleibt. Darüber hinaus besteht das Risiko von Auswuchs im Lager, was in der Schädigung anderer Qualitätsparameter oder Verlust des gesamten Lagers enden kann. Raps bewegt sich an der 9%Grenze und Körnermais ca. bei der 16% Grenze.

Feuchtigkeit messen Getreide

Bruchkorn

Ein weiterer übergreifender Indikator ist der Prozentsatz an Bruchkorn. Wie der Name schon sagt, geht es darum, wie viele Körner beschädigt worden sind. Ist zum Beispiel bei Getreide die Samenschale beschädigt, sodass das Endosperm freiliegt, kann es zum Verlust der Keimfähigkeit kommen, da besagtes Endosperm den Embryo ernährt. Für weitere Verarbeitung ist dies ebenfalls relevant, da das Endosperm den Mehlkörper bildet und damit nahezu 100% der Stärke, sowie das Klebereiweiß enthält. Offiziell zählt jedes Korn als Bruchkorn, dessen Endosperm mindestens zum Teil freiliegt. Das Ziel sollte es bei allen Kulturen sein, diesen Wert unter 2% zu halten, was größtenteils über den Erntevorgang und zum Teil über die Lagerung beeinflusst werden kann.

Kornbesatz

Ähnliche Grenzwerte weist der Parameter Kornbesatz auf. Hierrunter fallen Schmachtkorn, Fremdgetreide, krankheitsbefallene Körner und der Schädlingsbefall. Schmachtkorn entsteht bei Dürren oder fehlerhafter Bestandsführung. Mittels eines Siebes werden hier beim Weizen und der Gerste die Körner gezählt, die kleiner als 2mm, bzw. 2,2 mm sind. Fremdgetreide umfasst grundsätzlich alle Körner anderer Pflanzen die nicht der Zielkultur entsprechen. Krankheitsbefallene Körner können im Falle von Fusarium mit dem bloßen Auge an der bräunlichen/schwarzen Verfärbung erkennbar sein, oder schlecht erkennbar von Virus befallen sein. Schuld hierfür sind im konventionellen Ackerbau meist fehlerhafte Anwendung von Pflanzenschutzmaßnahmen gegen Pilze bzw. Läuse in Abhängigkeit der Sorte. Der Schädlingsbefall in diesem Kontext umfasst Fraßschäden an den Körnern. Während die Grenze hierfür ebenfalls unter 2% liegt, werden bei Körnermais bis ca. 4% toleriert.

Auswuchs Getreide

Auswuchs

Auswuchs ist der nächste kritische Parameter. Hierbei kann es sich sowohl um Auswuchs vor der Ernte, in der Ähre, oder um Auswuchs im Lager handeln. Grundsätzlich liegt das Problem darin, dass das Korn den Keimling in den frühen Stadien aus dem Mehlkörper ernährt und dafür die qualitätsrelevante Stärke und Proteine verwendet. Auswuchs ist bereits schädlich, bevor er sichtbar wird. Zu diesem Zeitpunkt ist er aber erst im Labor nachzuweisen, wo eine Veränderung der Viskosität einer Mehl-Wasser-Suspension (Fallzahl) unter Einfluss von Hitze, auf eine erhöhte Enzymaktivität deuten lässt.

Rohaschegehalt

Der vorerst letzte universelle Parameter ist der Rohaschegehalt. Dieser ist eher bekannt aus der Futterindustrie und Viehwirten ein gepflogener Begriff. Der Rohaschegehalt gibt nach Verbrennung der organischen Substanz die anorganische Substanz an, welche man als Verunreinigung der Ware bezeichnen kann. Schaut man speziell auf Weizen, so lohnt es, sich die Verwendungen anzugucken. Neben dem Futterweizen, ist das Backen die häufigste Motivation für den Anbau der dominantesten Frucht auf deutschen Böden. Während Preis und spezifisches Gewicht in der Futterindustrie als relevante Parameter dominiert haben, zeichnet sich ein Trend ab, mehr auf Proteinwerte zu achten. Für die Produktion von Stärke gelten grundsätzlich dieselben Anforderungen wie für Mahlweizen, mit besonderem Fokus auf homogene Partien. Der Trend zum Fokus auf den Proteingehalt wird auch an den Exportmärkten durchgesetzt. So kam es zum Beispiel dazu, dass in den letzten Jahren Partien aus Europa (speziell Frankreich), denen es an Protein mangelte, auf den internationalen Märkten durch Getreide aus anderen Regionen ersetzt werden musste.

Rohproteingehalt

Der Rohproteingehalt beeinflusst die Brotbackfähigkeit positiv. Es wird angenommen, dass ein hoher Proteinwert auf eine hohe Anzahl Gluten bildender Eiweiße schließen lässt. Diese Gliadine und Glutenine bilden ein Klebergerüst. Ein hoher Wert lässt demnach auf ein gutes Wasseraufnahmevermögen und die richtige Elastizität schließen, was das Aussehen, Volumen und die Textur des Endproduktes beeinflusst. Proteine werden im Korn am Ende des Wachstumszyklus gebildet. Grundlegende Einflussfaktoren sind, neben der Sortenwahl, auch die Wasserverfügbarkeit und die Temperatur. Hauptsächlich jedoch orientiert sich die Proteinbildung an der Verfügbarkeit von Stickstoff. Dieser soll zu ca. 80% aus den Pflanzenbausteinen umgelagert und zu ca. 20% aus dem Boden entnommen werden. Hierfür ist es wichtig, dass die Pflanze bis zur Ernte stabil steht und Lager verhindert werden kann, Pilze- und Insektenschaden nicht überhandnehmen und die Abschlussgabe zum richtigen Zeitpunkt der Pflanze zur Verfügung steht. Ein hoher Proteinwert findet sich zum Beispiel bei Eliteweizen. Dieser wird häufig mit über 14% Rohprotein (in %TM) gehandelt. Aufmischweizen findet sich über der Grenze von 13% und der normale Brotweizen bei 12%.

Mutterkorn

Fallzahl

Die nächstwichtige Parameter ist die Fallzahl. Die Fallzahl wird in Sekunden angegeben und beschreibt die Dauer des Rührvorganges und die Fallzeit des Rührers in einer Mehl-Wasser-Suspension. Gemessen wird dies, um Schlüsse auf die Backqualität des Mehls ziehen zu können. Weizenmehle mit einer Fallzahl von 230 – 280 Sekunden ergeben eine elastische gutgeporte Krume und haben starke Triebkraft. Mehle mit Fallzahlen über 300 Sekunden haben weniger Triebkraft und daher ein geringes Gebäckvolumen mit einer trockenen Krume. Fällt die Fallzahl unter die gewünschten Werte wird der Teig unelastisch und feuchtbackend. Abhängig ist die Fallzahl von Verkleisterungs- bzw. Viskositätseigenschaften der Stärke im Getreidekorn. Extreme Fallzahlverluste sind in der Regel mit Auswuchs verbunden, da die Enzymaktivität (Amylasen) bereits mit dem Stärkeabbau angefangen hat. Den stärkste Einfluss auf die Fallzahl hat der Produzent, über die Optimierung des Erntezeitpunkts in Abhängigkeit von der Sorte.

Sedimentationswert

Ähnlich, wie schon bei der Ermittlung der Fallzahl, bzw. dem Anteil der Stärke und ihrer Qualität, wird auch die Menge und Qualität des Reserveproteins, dem Gluten/Kleber, bestimmt. Hierfür wird der Sedimentationswert berechnet. Geachtet wird darauf, wie viel Glutenteilchen in der Milchsäurelösung sind und wie schnell die Quellung voranschreitet. Nach 5 Minuten wird die Quellung beurteilt und dimensionslos mit einer Zahl dargestellt. Ein niedriger Wert (< 10) zeugt von kleberarmen Mehlen, mit wenig Protein, während ein hoher Wert (> 50) auf viel und qualitativ hochwertigen Kleber hinweist.

standard Qualitäten-1

Allgemein lässt sich festhalten, dass die Qualitätsparameter im Handel mit Ernteerzeugnissen eine große Hilfe für den Händler und den Produzenten sein können. Es ist der Landwirt, welcher sich an diesen orientieren muss. Sie öffnen jedoch für ihn das Tor in den internationalen Markt. Die Herausforderung in den kommenden Jahren wird es sein, trotz neuer Düngeverordnung und zunehmend schwierigen meteorologisch Rahmenbedingungen, die gewünschten Proteinwerte zu erreichen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu halten und auszubauen.

 

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